Die Autorin des ersten Ostpreussenliedes
Die ostpreussische Dichterin Johanna
Ambrosius wurde als zweites von 14 Geschwistern am 3. August 1854
in Lengwethen (von den Nazis 1938 in "Hohensalzburg",
von der SU nach 1945 dann in "Lunino" umbenannt), Kreis
Tilsit - Ragnit, Ostpreussen, als Tochter eines Handwerkers geboren.
In Lengwethen besuchte sie die Dorfschule bis zum 11. Lebensjahr.
Dank ihres Dorfschullehrers Präzentor Kerner (dem sie eines
ihrer Gedichte widmete) bekam sie auch nach Beendigung der Schulzeit
eine Fortbildung. Am 17.5.1875 heiratete sie in Klingsporn (Kreis
Ragnit) den Bauernsohn Friedrich Wilhelm Voigt aus Titschken (auch:
"Tischken", von der SU nach 1945 in "Podgornyj"
umbenannt). Bis Juli 1883 bewirtschafteten die Eheleute dank einer
kleinen Erbschaft eine kleine Landstelle in Dirwonuppen (Kreis
Tilsit-Ragnit). Hier wurden auch Johannas Kinder Erich und Marie
geboren.
Mit der Literatur (u.a. Fritz Reuter, aber auch Stieler, Marlitt) kam sie durch
ihre Schwester Martha in Berührung. Ausser der "Gartenlaube"
hat sie sonst - nach Marthas Zeugnis - wenig Literatur gekannt.
Die deutschen Klassiker entdeckte sie z. B. erst, nachdem ihre
eigene Gedichtsammlung erschienen waren: 1884 veröffentlichten
einige Blätter (zuerst die Zeitschrift "Von Haus zu
Haus", Hg. von Anny Wothe) erste Gedichte, die wiederum Johannas
Schwester Martha, erste und entscheidende Förderin von Johannas
Talent, ohne Wissen der Verfasserin eingesandt hatte. Auch das
Gedicht "Mein Heimatland", später bekannt als "Ostpreussen-Lied"
entstand bereits in diesem Jahr.
diverse Vertonungen
des "Ostpreussenliedes">>>>
Insgesamt soll es über 250 Vertonungen der
von ihr häufig "Lieder" genannten Gedichte geben.
Uns sind ca. 90 bekannt.
Die Landfrau, die stets betonte: "ich wollte
nichts anderes sein als Landarbeiterin", erfuhr überschwängliche
Kritiken ihres ersten Gedichtbandes, den Karl
Weiss-Schrattenthal 1895 herausbrachte. Bei überraschenden
Ehrungen lernte sie wichtige Vertreter der deutschen Literatur-
und Intellektuellenszene kennen (Ernst Wiechert, Hermann
Sudermann, Gerhart Hauptmann, Herman
Grimm). Adolf
Wilbrandt machte sie zur Heldin seines Romans "Hildegard
Mahlmann". In dieser Phase wurde Johanna sogar von der deutschen
Kaiserin Victoria (genannt Vicky, bekannt unter dem Namen ihres verstorbenen
Mannes als "Kaiserin
Friedrich") empfangen. Ihrem Lobgedicht auf Kaiser
Friedrich
III ("Dem Liebling desVolkes") hat sie
wohl die Einladung zu verdanken.
Doch stand sie nur kurze Zeit im Mittelpunkt des
Interesses. So überschwänglich sie zunächst gefeiert
wurde, so stark wurde ihr Werk schon wenige Jahre später
negativ beurteilt und sie wurde, was sie sehr verletzt hat, auch
persönlich angegriffen. Den Höhe- und gleichzeitig Wendepunkt ihrer Popularität (von ihrem Kritiker Carl Busse spöttisch als "Johanna-Ambrosius-Rummel" denunziert), markiert das Jahr 1896: erschienen in diesem Jahr allein 20 der über 55 Ausgaben/Auflagen ihrer Gedichtbände, und erhielt sie den Bauernfeld-Preis, (den nach ihr Schnitzler, Mann, Hesse und Spitteler erhielten) wurden ab April sowohl ihre Person als ihr Werk heftig angegriffen. Von Pro und Contra zeugen eine Fülle
von Rezensionen, von denen einige hier
wiedergegeben sind. Der Stellenwert ihrer Gedichte wurdein diesem Jahr
(und in den nächstenI ausführlich und heftig
in den deutschen Literaturzeitschriften diskutiert. Insgesamt
sind uns bisher ca. 110 Rezensionen bekannt. Eine Liste mit Fundstellen folgt hier demnächst.
Ein wichtiger Gegenstand ihrer Lyrik ist das alltägliche
Landleben in "Groß-Wersmeningken", "ihres"
kleinen Dorfes im Landkreis Pillkallen, in das sie mit ihrem Mann
am 2. Juli 1883, wie sie in ihren Erinnerungen anmerkt, umzog.
1896 wurde dieses - auf ihren Gedichtbänden abgebildete -
Haus abgerissen und Johanna konnte - vermutlich mit Hilfe einer
Zuwendung von Kaiserin Friedrich - und durch die nicht unbedeutenden
Einnahmen aus ihren Büchern, ein neues Haus erbauen. Ihr
Heimatort lag an der damaligen Schnittstelle deutscher, polnischer
und litauischer Siedlungsbereiche. Gross-Wersmeningken (litauisch
für: "Dorf an der Quelle" die Quelle im Dorf ist
der oder die Rindas), von den Nazis 1937 zwangsweise umbenannt
in "Langenfelde", lag wenige Kilometer entfernt von
Pillkallen (von den Nazis umbenannt in "Schlossberg",
heute "Dobrovolsk" im russischen Teil von Ostpreussen
(Kaliningrad Oblast)). Das Heimatdorf der "Volksdichterin"
existiert heute noch unter dem Namen Belkino. Gross-Wersmeningken
fiel der Roten Armee 1945 kampflos in die Hände. Das Wohnhaus von Johanna Ambrosius existiert nicht mehr. Heute stehen dort noch ca. 20
Häuser aus deutscher Zeit.
Johanna Voigt war zeitlebens seit einer schweren
Influenza gesundheitlich geschwächt. Sie hatte eine Tochter,
Marie
(geb. 3.8.1875), deren früher Tod im Jahre 1908 im Alter
von 32 Jahren bei der Geburt eines Kindes die Dichterin sehr belastete,
und einen Sohn Erich (geb. 20.7.1878). Ihr Ehemann Wilhelm Voigt
starb im Jahre 1900 (12. Juli) im Alter von nur 48 Jahren. Im
Jahre 1908 folgte sie - nach dem Verkauf ihres geliebten Hauses
- ihrem Sohn Erich nach Königsberg in dessen Familie sie
bis zu ihrem Tod am 27. 2 1939 lebte.
>>Hier äußert sich Johanna selbst zu ihrem Leben
Der Verbleib Ihres Nachlasses ist unbkannt. Bei der Flucht der Familie Voigt aus Königsberg
Anfang 1945 wurden diese Materialien zurückgelassen. Von dem umfangreichen
Briefwechsels der Lyrikerin und ihrer Schwester Martha mit Johannas
Verleger Karl Weiss-Schrattenthal sind nur wenige Briefe erhalten ebenso wie der mit einigen Literaten (Sudermann, Hauptmann, etc.) oder Kritikern
(insbesondere Hermann Grimm)
. Das gilt auch für den umfangreichen Briefwechsel mit iher Brieffreundin Carmen Sylva, der ebenfalls dichtenden rumänischen Königin Elisabeth zu Wied.
Sie ist auf dem Neuen Luisenfriedhof
in Königsberg begraben. Der verschollen geglaubte Grabstein
wurde im September 2005 überraschend von der russischen Reiseführerin
Galina Pustowaja entdeckt und dann von den dortigen Behörden
im Frühjahr 2006 in der Gemeinde Krasnoznamensk (ehemals
Lasdehnen - 1938-45 Haselberg) vor der dortigen Kirche wiederaufgestellt.
Der Ort ist Verwaltungssitz des Rayons.
Eine Schule in Kaliningrad/Köngisberg - die
damalige Schule für Mädchen lag in der Luisenallee 3
- trägt bis heute ihren Namen. Zu ihren Lebzeiten gab es auch eine Johanna Ambrosius-Grundschule
in Lengwethen und auch das Studentinnenheim in Königsberg
auf den Hufen war nach ihr benannt. Inzwischen wird ihrer von interessierten Kaliningrader gedacht und eine Gedenktafel wurde in der o.g. ehemaligen Schule (2007) angebracht
5 Urenkel (der erste (geb. 1922) und die Urenkel/in 3,4,5 und 7 (geb. zwischen 1931 und 1936) von Johanna Voigt-Ambrosius sind noch
in Königsberg geboren und lebten nach der Flucht aus Ostpreussen
alle in der BRD. Die 2. Urenkelin und der 6. Urenkel wurden 1931 bzw 1936 in Berlin geboren. Die 2. Urenkelin und der 8. bereits nach dem Krieg geborene
Urenkel (Autor dieser Seiten) leben noch in Deutschland. Alle anderen sind verstorben.
Alle weiteren Hinweise zu ihrem Leben und Wirken,
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die obige Mailadresse.
Herzlichen Dank.